Wir sind überzeugt, dass das Erlernen von Latein wichtige Kompetenzen vermittelt und fördert, die mittelbar und unmittelbar nützlich sind, und dass die intensive Begegnung mit der antiken Kultur eine nachhaltige Bereicherung für die persönliche Bildung darstellt.

Kompetenzen (von lat. competere „zu etwas fähig sein“)
Wer Latein lernt, lernt nicht nur eine äußerst interessante und geschichtsträchtige Sprache, sondern erschließt sich gleichzeitig den wichtigsten Ursprung der europäischen Sprachen insgesamt. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Grammatik als auch zahlreicher Fremd- und Lehnwörter. Die erworbenen Kenntnisse erleichtern – auch noch lange nach der Schulzeit - das Erlernen von Fremdsprachen, das Verstehen von fremdwortlastigen Fachtexten und auch den korrekten Umgang mit der eigenen Muttersprache.
Die Beschäftigung mit den vielfältigen grammatikalischen Formen der lateinischen Sprache fordert von den Schülerinnen und Schülern genaues Lesen, vernetztes Denken, Konzentration und eine konsequente Arbeitshaltung. Genau dadurch fördert der Lateinunterricht die Entwicklung dieser wichtigen Fähigkeiten.

Die Sprachreflexion, also das Nachdenken darüber, wie eine Sprache funktioniert, wird im Lateinunterricht besonders dadurch angeregt, dass man die lateinischen Texte genau liest und die verschiedenen Wortbestandteile – im Lateinischen vor allem die Endungen - genau betrachtet. Mit diesem analytischen Blick, den wir ja beim Sprechen der Muttersprache kaum bewusst einsetzen, entwickeln die Lernenden eine Schlüsselkompetenz für den vertieften Umgang mit Sprache überhaupt.

 Kulturelle Bildung (Kultur von lat. colere „verehren, pflegen“)

Im Archäologischen Park Cambodunum kann man direkt sehen und erleben, dass unser modernes Kempten aus einer römischen Siedlung entstanden ist, genauso wie viele andere Städte in Europa und darüber hinaus.
Im Lateinunterricht befassen wir uns schon von Anfang an mit der römischen Kultur und dem antiken Denken, das bis heute in allen Bereichen unserer Kultur fortwirkt. Das beginnt bei den vielen Lehnwörtern (aus piscis wurde Fisch) und reicht über die Orientierung an antiken Vorbildern in Technik und Gestaltung bis hin zu den philosophischen Schriften von Cicero, Seneca und anderen, die sich mit Grundfragen menschlichen Lebens auseinandergesetzt haben.

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Antiker Widderkopf im APC

Latein wird von vielen als tote Sprache bezeichnet. Das stimmt insofern, dass schon seit vielen Jahrhunderten Latein nirgendwo mehr als allgemeine Umgangssprache „lebt“. Geschrieben wurde aber bis ins 19. Jahrhundert sehr viel auf Latein, sei es von Pfarrern, die Tauf- und Heiratsregister führten, von Juristen, die Verträge ausarbeiteten, oder an Universitäten, wo wissenschaftliche Arbeiten in lateinischer Sprache verfasst wurden. So wurde die lateinische Sprache etwa des ersten Jahrhunderts vor Christus zur Bildungssprache schlechthin. Im Gegensatz zu „lebendigen“ Volkssprachen, die sich stetig verändern, blieb Latein immer gleich.
Deshalb kann jemand, der/die Latein gelernt hat, alte Inschriften oder Urkunden in weiten Teilen der Welt direkt lesen und verstehen, wogegen „deutsche“ oder „englische“ Texte aus dem Mittelalter nur mit großem Spezialwissen zu verstehen sind.

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Römischer Grabstein in Augsburg


Und auch heute noch gibt es z.B. Internetforen, in denen sich Lateinkundige aus aller Welt austauschen, ohne dass sie etwas über die Muttersprache ihrer Partner wissen müssen. Der „Tod“ von Latein als Umgangssprache hat die Bildungssprache Latein sozusagen unsterblich, nämlich unveränderlich gemacht.
Das Kennenlernen antiker Literatur weitet den persönlichen Horizont in einer kulturellen Perspektive beträchtlich. Der Leser bzw. die Leserin bekommt:
spannende Einblicke in eine vergangene Welt, die in mancher Hinsicht fremd erscheint, aber dennoch erstaunliche Parallelen zu unserer Gegenwart zeigt.
Anschluss an den Bildungshintergrund der meisten Autoren der Vergangenheit, wie auch von vielen der Gegenwart. Diese gemeinsame Basis ermöglicht erst ein vertieftes Verständnis weiter Teile der Literatur.
viele Anregungen zum Nachdenken – z.B. über das Wesen der menschlichen Gesellschaften oder zur bewussten Lebensgestaltung mit Philosophie.

 

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Von Herrad von Landsberg - Hortus deliciarum, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31438342